Einkaufszettel

Der stillschweigende Begleiter im Alltag
In einer Ära, in der das Smartphone stets in Griffweite liegt, fragt man
sich: Warum greifen Menschen weiterhin zum altmodischen
Einkaufszettel? Schließlich gibt es zahllose Apps, die das Einkaufen
bequemer und digitaler machen sollen. Doch der Zettel, dieser
unscheinbare Streifen Papier, scheint noch immer eine starke
Anziehungskraft auszuüben – und das aus gutem Grund.


Akkufrei und immer verfügbar
Während Handys regelmäßig aufgeladen werden müssen, hat der Zettel
einen entscheidenden Vorteil: Er braucht keinen Akku. Einmal in der
Tasche verstaut, wartet er geduldig darauf, zum Einsatz zu kommen.
Keine leeren Batterien, keine Apps, die abstürzen, nur pure
Zuverlässigkeit.


Ordnung und Struktur in der Einfachheit
Ein Einkaufszettel gibt dem Chaos Struktur. Er ist nicht nur eine simple
Liste, sondern ein stiller Planer, der Ordnung in das Durcheinander eines
hektischen Tages bringt. Mit einem schnellen Blick weiß man, was fehlt,
was benötigt wird. Er zwingt den Verfasser fast unbewusst dazu, die
Gedanken zu ordnen und Prioritäten zu setzen. Oftmals sieht man die
penible Aufteilung: Erst Obst und Gemüse, dann Milchprodukte, am Ende
der Kleinkram. Diese Struktur ist eine Art Ritual – beruhigend in ihrer
Einfachheit.


Vergänglich, doch wertvoll
Es mag verwunderlich erscheinen, dass Einkaufszettel, nachdem sie ihre
Pflicht erfüllt haben, so achtlos weggeworfen werden. Dabei sind viele von
ihnen kleine Kunstwerke. Jeder Strich, jede krakelige Notiz erzählt eine
Geschichte – von Hast, von Überlegungen, von kleinen Momenten der
Planung. Manchmal sind es auch spontane Kritzeleien, die den Zettel
zieren. Doch trotz dieser kleinen Kunstwerke endet ihr Dasein häufig im
Mülleimer. Vergänglich, aber wertvoll in ihrer kurzlebigen Bestimmung.


Die Kunst des Alltags
Was bleibt, ist die leise Faszination für ein Medium, das in seiner
Schlichtheit doch so mächtig ist. Einkaufszettel sind keine Relikte aus
einer längst vergangenen Zeit – sie sind vielmehr stille Zeugen unseres
täglichen Lebens. Sie geben uns einen Hauch von Kontrolle in einer Welt,
die immer digitaler und komplexer wird.


Ein kleiner Zettel, ein großes Stück Struktur.


Solingen, 2024 Frank Voß